Kein Fremdwasser für den Neusiedler See !

Richtiges Wassermanagement als nachhaltige und ökologisch verträgliche Lösung
Vor dem Hintergrund einer Serie von niedrigen Wasserständen im Neusiedler See während der letzten Jahre wurden in den vergangenen Monaten verschiedene Möglichkeiten der künstlichen Wasserzuleitung in den See geprüft. Ziel dieser Dotation sollte es sein, das Auftreten niedriger Wasserstände bzw. eine mögliche Austrocknung des Sees zu verhindern.

Fremdwasser bedroht die Eigenart des Sees
Es ist nicht selbstverständlich, dass der Neusiedler See mit seiner durchschnittlichen Wassertiefe von ca. 1,1 m bereits mehr als 10.000 Jahre besteht und nicht verlandet ist oder sich zu einem Niedermoor entwickelt hat. Das Geheimnis dieser Einzigartigkeit ist die chemische Zusammensetzung seines Wassers. Der Neusiedler See ist kein herkömmlicher Süßwassersee, sondern ein leicht salzhaltiger See, der durch stark schwankende Wasserstände gekennzeichnet ist. Die natürlichen Schwankungen des Wasserstandes wurden bereits durch den Bau des Einserkanals und die Errichtung einer Schleuse im Jahr 1965 stark eingeschränkt, eine weitere Verringerung der Schwankung hätte Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem. Ein zweiter wichtiger Faktor ist die Wassertrübe, die eng mit dem Salzgehalt zusammenhängt. Diese beiden Faktoren schützen den See derzeit vor der Verlandung.

Eine künstliche Wasserzuführung zum See würde einen massiven Eingriff in den chemischen Haushalt des Neusiedler Sees bedeuten. Über den Einserkanal verliert der See bei Schleusenöffnung jetzt schon enorme Salzmengen, eine Dotation würde nach Aussagen von ExpertInnen die „Entsalzung“ zusätzlich stark beschleunigen. Eine Wasserstandsregelung, wo einerseits Wasser zugeleitet und wenn notwendig wieder abgeleitet wird, würde ein Durchspülen des Neusiedlersees bedeuten. Das würde zu einem enormen Salzverlust führen und den empfindsamen Chemismus des Sees zerstören. Die Folgen wären eine starke Verschlammung und eine beschleunigte Verlandung. Durch die Verlandung würde der See in absehbarer Zeit verschwinden.

Neuausrichtung des Wassermanagements als Alternative
Die wiederholte Zuleitung von Fremdwasser in den Neusiedler See hätte somit enorme Auswirkungen auf das Ökosystem, sie würde die Probleme, die sich schon jetzt infolge der immer wieder durchgeführten Wasserableitung ergeben, dramatisch verschärfen. Stattdessen bietet die Neuausrichtung des Wassermanagements eine ökologisch verträgliche und nachhaltige Alternative zur Seedotierung. Mit dieser könnten wesentliche Probleme des Sees wirkungsvoll gelöst werden und das langfristige Weiterbestehen des Sees wäre gesichert.

Im Vordergrund sollten dabei umfassende Retentionsbemühungen stehen: Bei vermehrten Starkregen – was im Zuge der Klimaveränderung immer wieder der Fall sein dürfte – soll das Wasser gespeichert werden, um möglichst lange anhaltende Vorräte für anschließende Trockenzeiten zu bilden. Dafür könnte der Regelwasserstand der Schleuse am Einserkanal auf 116,0 m.ü.A. angehoben werden. Gleichzeitig müssen potenzielle Überschwemmungsräume geschaffen werden, alte Überschwemmungsgebiete wieder frei gegeben werden und gefährdete Siedlungs- bzw. Infrastrukturobjekte durch bauliche Maßnahmen geschützt werden (z.B. Erhöhung einzelner Seebadbereiche und deren Zufahrtsstraßen). Die dafür anfallenden Kosten sind mit Sicherheit aber immer noch weit billiger als der Bau einer künstlichen Zuleitung.

Dauerhafter Fortbestand darf aber nicht mit durchgehend hoher Wasserführung verwechselt werden. Niedrigwasser und gelegentliche Austrocknungsereignisse gehören ebenso zur Ökologie des Sees wie Hochwasserstände. Gemeinsam mit dem Salzgehalt, der Wassertrübe und der Abflusslosigkeit garantiert erst die volle Bandbreite der Wasserstandsschwankungen ein dauerhaftes Überleben und die nachhaltige Nutzbarkeit des Sees. Das wasserwirtschaftliche Management des Sees sollte auf eine möglichste weitgehende Sicherung und Erhaltung der ökologischen Besonderheiten des Gewässers und eine Annäherung an die ursprünglichen hydrologischen Verhältnisse ausgerichtet sein.